Bedingt durch ständigen Hustenreiz hatte ich keine erholsame Nacht. Stefan sah auch sehr angeschlagen aus, als wir zusammen im Wohnhaus beim Frühstück saßen. Einzig Jochen und Mariam versprühten Elan und Energie. Mit Stefan strich ich noch ein wenig durch den Garten. Ist schon verrückt, da standen wir fast auf dem Äquator und konnten in der Ferne den Schnee auf den hohen Gipfeln der Ruwenzoris bewundern.
Während Jochen unser Gepäck in den Wagen lud, regelte ich mit Stefan und Mariam die Finanzen. Wir verblieben so, dass er mir die Baurechnungen für das Waisenhaus nach abgeschlossener Maßnahme samt Fotos mailt. Da stand ja noch so einiges aus (Bezahlung der Handwerker, Rechnung Hardware Dealer etc.). Den Rest der Spendensumme würden wir für den laufenden Unterhalt des Toro Babies Home verwenden.
Wehmütig verabschiedeten wir uns von Mariam und Stefan Kluge, ihrem liebenswerten Personal und sagten aufrichtig herzlichen Dank für die großartige Gastfreundschaft und die Unterstützung beim Projekt Badsanierung Toro Babies Home. Ohne Stefans professionelle Vorbereitung, seine prompte, zeitnahe Kalkulation der Kosten und vor allem seine Kontakte zu kompetenten Fachleuten in Fort Portal, wäre dieses Unternehmen nicht so rasch umzusetzen gewesen. Und zu jedem Goldstück von Mann gehört eine Frau, die ihn unterstützt: „Liebe Mariam, auch dir sagen wir ganz herzlichen Dank!“ Die Feinarbeiten blieben eh an Stefan hängen...
Gegen 08:30 Uhr trafen wir im Waisenhaus zur Endabnahme ein. Die Fugen waren zum größten Teil verschlämmt und gesäubert. Nun fehlte noch Farbe an Wänden und Decke, einige Haken und Handtuchhalter sowie Regale für Kosmetik- und Putzartikel.
Wir verabschiedeten uns herzlich von den beiden Christinen, David und dem Gate Keeper William bis zum nächsten Besuch und vereinbarten in laufendem Kontakt hinsichtlich der Belange des Waisenhauses zu bleiben.
Bevor wir uns auf den Weg Richtung Ishasha begaben, suchten wir in Fort Portal nochmals den ATM auf und tankten den Landcruiser randvoll. Kurz hinter Kasese horchten wir in uns hinein und beschlossen Ishasha sausen zu lassen und lieber zwei Tage im Queen Elizabeth Nationalpark zu verbringen. Ist jetzt einfach schneller zu erreichen. Aufgrund meines Allgemeinbefindens hatte ich keine Lust mehr noch zwei weitere Stunden auf Transferfahrten im Wagen zu verbringen und Jochen wollte endlich Tiere sehen. Gedacht, ausgesprochen und rechts abgebogen Richtung Main Gate des QENP. Wir erwarben ein Permit für 48 Stunden und die mal wieder aktualisierte Nationalparkkarte. Zahlung der Karte direkt am Main Gate, Zahlung der Nationalparkgebühr an der Ranger Station bei der Mweya Lodge. Seit Oktober 2012 ist das nunmehr mein drittes Kartenexemplar. Aber vorbildlich, dass zeitnah Updates eingepflegt werden.
Neben den üblichen Verdächtigen (Büffel, Uganda Kobs, Defassawasserböcke) sichteten wir direkt neben der Straße zur Mweya Lodge einen jungen Elefanten, der in eine Schlinge – vermutlich von Wilderern – geraten war. Die Wunde war bereits gut verheilt, dennoch tat mir das einsame Jungtier entsetzlich leid. Der Bevölkerungsdruck hier am QENP ist wie überall in Uganda enorm hoch und der Lebensraum der Tiere wird immer weiter eingeschränkt. Der Nationalpark ist förmlich umzingelt von menschlichen Behausungen. Noch dazu hat Uganda über eine Millionen Flüchtlinge aus dem Südsudan und dem Kongo aufgenommen. Da bedient man sich gerne mal am Bushmeat, um den Speiseplan ein wenig zu erweitern. In alle Richtungen durchschneiden frei zugängliche Straßen den Park, die auch stark frequentiert sind von viel zu schnell fahrenden Bodas, PKW´s und Trucks. Im Übrigen haben wir niemals während drei verschiedener Besuche im QENP irgendwo an den öffentlichen Roads Kontrollen von einheimischen Fahrzeugen hinsichtlich Bushmeat seitens UWA wahrgenommen.
Da wir noch kein Quartier für die folgenden zwei Nächte hatten, ließen wir uns von einer UWA-Rangerin die Nationalpark-Bungalows zeigen. Die Lage überzeugte uns allerdings nicht.
Vor der Mweya Lodge erblickten wir Hassan, den Driver-Guide meiner KollegInnen. Er und wir strahlten über alle Backen! Der Hassan ist wirklich charakterlich ein sehr angenehmer und fröhlicher Guide. Falls ich zukünftig wieder einmal allein unterwegs sein sollte, dann sicherlich mit Hassan.
Ich hatte mir schon gedacht die Truppe in Mweya möglicherweise zu treffen, denn den Tipp hier zu Lunchen hatten sie vor Abreise von mir erhalten. Die Lage mitten im Park, das sehr nette und aufmerksame Personal an der Rezeption, gutes Essen, noch besserer Cappuccino, die grandiose Aussicht auf den Kazinga Channel samt Wildlife und natürlich die zahlreichen Federkleider haben diesen Ort zu einem meiner (bei Jochen bin ich mir nicht so sicher) Lieblingsplätze im Queen Elizabeth NP werden lassen. Auf der Veranda kann man während der heißen Tageszeit herrlich relaxen und den Blick schweifen lassen. Die Überraschung für Esther & Co. war gelungen. Wir klönten ein wenig und bestellten uns dann ebenfalls einen kleinen Imbiss.
Am gegenüberliegenden Ufer des Kanals kühlten sich die Büffel die Bäuche im Flachwasser, Elefantenherden kamen mit ihren Kälbern zum Trinken und Einpudern und neben vielen Reihern frönten die Hippos im Wasser ihrer Lieblingsbeschäftigung.
Direkt vor unserer Nase hatte die Mweya Lodge nun endlich ein Bird Bath und eine Futterstelle aufgebaut. Vor allem die Webervögel sind in den letzten Jahren hier im Outdoor-Restaurant zu einer echten Plage geworden und hatten sich bezüglich des Essens der Gäste in diebische Elstern verwandelt. Und wie immer konnte auch dieses Jahr die Lodge mit besonderem Getier aufwarten.
Neben dem Pool sonnten sich zwei Nilwarane (und eine Touristin). Ein Jungtier und ein größeres direkt im Busch neben dem Geländer. Matthias gefiel das ausgesprochen gut… Wieder ein gesichtetes Tier mehr in seiner Sammlung (Matthias und seine Frau Angela besuchen Afrika zum ersten Mal). Mich hätte eher die Reaktion der Touristin interessiert, wenn sie gewusst hätte, wer sich hinter ihrem Rücken in der Sonne aalt.
Jochen schaute sich noch eines der Chalets an, aber das ist dann doch nicht so unser Ding und ich telefonierte mit Violet von der Buchungszentrale der Natures Lodges in Kampala. Kein Problem, in der Bush Lodge hat´s ein freies Chalet für die nächsten zwei Nächte. Jochen war erleichtert. Wir mögen die Atmosphäre in der Bush Lodge sehr.
Esther & Co. hatten für den folgenden Vormittag die Bootstour auf dem Kazinga Channel in der Mweya Lodge gebucht. Wir schlossen uns an. In Katwe Village hatten wir noch etwas zu erledigen. Letztes Jahr im März hatten wir in Katwe, direkt am Seeufer ein paar schöne, unterhaltsame Stunden mit den Dorfbewohnern verbracht. Die Papierzüge meiner Fotos hatte unser Fahrer Daniel letztes Jahr schon bei den Einheimischen abgegeben. Wir fuhren zunächst zum UWA-Trainingscenter, aber die hilfsbereite Rangerin konnte mir nicht sagen, wo wir den Chairman des Ortes finden. Nebenan auf dem Fußballplatz versuchten wir erneut unser Glück bei den Jugendlichen. Ein junger Mann erklärte sich sofort bereit uns zum Haus des Bürgermeisters zu bringen, nachdem ich ihm auf dem Tablet das Foto des alten Mannes gezeigt hatte. So lernten wir auch einige Nebenstraßen von Katwe kennen.
Als wir vor dem Haus des Bürgersmeisters hielten, waren wir sofort von einer Traube Dorfkinder umgelagert. Der Chairman erkannte mich sofort wieder und wir begrüßten uns herzlich. Erst wieder zurück in Deutschland war mir eingefallen, was man Sinnvolles für solche Besuche hätte mitnehmen können: Gute, solide Lederfußbälle und Ballpumpen (welche leider in Entebbe nicht zu erhalten waren). Und so hatte ich mir vorgenommen, die Bälle dieses Jahr zu überreichen. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, während Jochen schon wieder mit der Kinderschar intensiv beschäftigt war. Der Ball wanderte in die Obhut des alten Mannes und wir verabschiedeten uns auf ein andermal. Den jungen Mann gaben wir mitsamt einem zweiten Fußball als Dank wieder am Sportplatz ab.
Nun aber zügig zur Bush Lodge, denn der Himmel hatte sich mal wieder bedrohlich verfinstert. Mittlerweile war ich ziemlich sicher, dass Thor, der Gott des Donners, seinen Wohnsitz auf keinen Fall im skandinavischen Himmel haben kann. Der thront direkt hier am Äquator und war gerade ziemlich busy!
Wie fast immer wurden wir kurz hinter Katwe durch den Uganda Road Block aufgehalten. Einige Mutterkuhherden Die „Katwe-Elis“ trabten vom See zurück in den Busch und kreuzten nach allen Seiten sichernd die Erdpiste. Im Schlepptau hatten sie auch ein klitzekleines Neugeborenes. Leider taugen die Fotos nur als Beweis, aber die Größenverhältnisse sind zu sehen.
Erst nach Einbruch der Dunkelheit erreichten wir die Bush Lodge und wurden vom Staff auf das herzlichste begrüßt. Ebenso von meiner Hospitationsgruppe, denen wir nicht verraten hatten, dass wir hier Unterschlupf gefunden hatten. Wir bezogen das Chalet Buffalo (ganz am Ende des Campareals links liegt "Lion", es folgt "Kob" und dann "Buffalo") und dinierten anschließend zu meiner Überraschung fast völlig lake-fly- und mückenfrei mit den KollegInnen und Hassan. Die Regenzeit hatte auch ihre Vorteile.
Die Campsite in der Bush Lodge wurde ca. 20 Lazy Tents geopfert. Eines davon bewohnte Hassan. Früh zogen wir uns zurück auf die extrem harten Matratzen der Chalets (nächstes Mal bringe ich meine Luftmatratze mit)! Ein ohrenbetäubendes Froschkonzert, wie ich es hier noch nie erlebt hatte, ließ mich rasch zu den Ohropaxen greifen, während Jochen, kaum in der Waagerechten, schon schlief. Die Welt ist einfach ungerecht!