Wir lauschen in aller Ruhe und gemütlich im Bett liegend den Sammelrufen der der Udzwunga Stummelaffen über uns im Geäst, welches sich mit den eindrücklichen Geschrei der Silberwangen-Hornvögel vermischt.
Die Outdoor-Dusche liefert nur kaltes Wasser am Morgen - unser ultimatives Hallo-wach-Erlebnis! Zum offenen Restaurant begeben wir uns anschließend über eine große Wiese und treffen noch auf Claudio & Co., die den Absprung in den Nationalpark noch nicht geschafft haben.
Lazaro komplettiert die Runde - wie immer fröhlich - und so genießen wir ein gutes Frühstück mit Blick auf die Udzungwa Mountains.
Anschließend erkunden Jochen und ich das Gelände der Lodge hinichtlich Flora und Fauna. Vogelmäßig ist absolut nothing to see! Ich bin sehr enttäuscht und stürze mich auf die farbenprächtigen Insekten.
An der Bar liegen laminierte, sehr ausführliche Broschüren zu möglichen Aktivitäten aus und die letzten Details kläre ich mit dem netten Assistant-Manager Geofrey, während Jochen mit der Angestellten Miriam seine Späße treibt. Für eine Aufstockung unserer Lebensmittel hatte ich eigentlich einen Tagesausflug nach Ifakara in Erwägung gezogen, doch Geofrey empfiehlt als bessere Alternative Mikumi und da kommen wir sowieso durch, wenn wir in den Selous aufbrechen. Wir entscheiden uns für einen Walk im nahen Magombera Forest und Geofrey kündigt uns per Handy bei einem Guide an. Wir starten so gegen 11:00 Uhr Richtung Sanje. Hier geht´s rechts ab durch endlose hohe Zuckerrohrfelder, wir überqueren die Schienen der Tazara, stehen vor der großen Schule von Katurugira Village und werden von den Einheimischen in nördöstliche Richtung geschickt. Im langgezogenen Magombera Village parken wir unseren Wagen direkt neben einem Safarifahrzeug von Sam´s Carrental aus Dar Es Salaam und fragen uns Richtung Forest durch, wo unserer Guide auf uns wartet. Auf der großen Grünfläche vor der Kirche hat sich fast das gesamte Dorf zu einer Beerdigungszeremonie versammelt. Man sitzt auf Plastikstühlen, am Straßenrand, auf dem Rasen und auf Fahrrädern. Von gedrückter Stimmung keine Spur. Auf mich wirkt das eher wie eine bunte Picknick-Gesellschaft.
Nach ein wenig Suchen treffen wir am Waldrand auf unseren kleinen, älteren mit Machete bewaffneten Guide. Aufgrund seiner Gesichtzüge vermute ich, dass er über Buschmanngene verfügt. Er sieht ganz anders aus als die Mehrheit der Bevölkerung in diesem Teil Tansanias. Leider spricht ein kein gutes Englisch.
Kurz bevor wir in den Wald eintauchen kommen uns zwei weiße Safaritouristen mit Guide entgegen. Sie sind bereits morgens gegen 07:00 Uhr auf den Walk gegangen und waren mit der Vogelausbeute am Waldrand in der Nähe der Bahnschienen recht zufrieden.
Ich bin erstaunt, wie schwül und warm es hier im Wald ist. Allerdings auch recht dunkel. Wir schlagen uns eine ganze Weile durchs Unterholz, immer auf der Suche nach den Affen.
Der ca. 12 qkm große Magombera Forest ist der letzte verbliebene Wald im nördlichen Ende des Kilombero Valleys und ist etwa 6 km vom großen Udzungwa Forestgebiet entfernt. Es existiert kein verbindender Korridor.
Durch die Nutzung der natürlichen Ressourcen wie Wasser, Brennholz und pflanzliche Arzneimittel haben die Wälder eine enorme Bedeutung für die lokale Bevölkerung. Der verbleibende Wald ist auch für die Biodiversität sehr wichtig. So finden sich zum Beispiel 40% der Bäume auf der internationalen Roten Liste der gefährdeten Arten wieder oder sie sind nur in Ostafrika endemisch.
Der Magombera Forest beherbergt die höchste Konzentration der Udzungwa Red-Colobus (Piliocolobus gordonorum) und in der Trockenzeit ist er ein wichtiges Refugium für die Elefanten des Selous Game Reserves. Das erst kürzlich entdeckte Magombera Chamäleon (Kinyongia magomberae) kommt nur hier und in den Wäldern des Udzwungwa Mountains Nationalparks vor.
Bis Mitte des letzten Jahrhunderts, als Magombera entdeckt wurde, existierten noch umfangreiche Forstgebiete. Dann begann die kommerzielle Landwirtschaft und damit einher ging die Abholzung tausender seltener Baumarten und der Abschuss mehrerer hundert Elefanten.
Einige andere lokale Wälder wurden von der Bevölkerung innerhalb kürzester Zeit zu Holzkohle gemacht und sind damit unwiderruflich zerstört. Mittlerweile wurde mit Unterstützung eines britischen Zoos das Udzungwa Forest Project gegründet, das sich Schutz und Erhalt der tropischen Wälder zum Ziel gesetzt hat. Zu diesem zweck wurde die einfach gehaltene Broschüre Saving Our Forests in Swahili gedruckt und an die Bevölkerung um Udzungwa verteilt.
Die Udzungwa Mountains und angrenzenden kleinen Waldgebiete sind Hotspot von fünf seltenen Affenarten (einige davon erst kürzlich entdeckt):
Kipunji oder Hochlandmangabe (Rungwecebus kipunji). Sie leben im Ndundulu Forest und sind mit den Meerkatzen verwandt.
Sanje-Mangabe (Cercocebus sanjei), ebenfalls Meerkatzenverwandte, gehören zu den bedrohtesten Primatenarten Afrikas. Nur noch 1300 Tiere leben in zwei Populationen an den Osthängen der Udzungwa Mountains.
Udzungwa-Stummelaffe (Piliocolobus gordonorum). Diese Stummelaffenart ist ebenfalls stark bedroht. Man kann sie in den Baumwipfeln aber gut aufgrund ihres roten Schopfes identifizieren.
Udzungwa Zwerg-Galago (Galago zanzibaricus), eine Buschbabyart.
Uluguru-Zwerg-Galago (Galago orinus), eine weitere Buschbabyart.
Es geht durch matschige Bachbetten, wir müssen höllisch vor Waldameisen aufpassen und sichten nach gut einer Stunde lediglich einen Palmgeier und hoch oben in den Baumkronen einige Schwarz-weiße Stummelaffen (Colobus angolensis). An Schmetterlingen und sonstigen Insekten hat´s jedoch keinen Mangel. Gegen 13:30 Uhr verlassen wir den Magombera Forest wieder, der direkt an das Selous Game Reserve angrenzt.
Zurück im Dorf werden wir bereits sehnsüchtig erwartet. Die Sam´s-Carrental-Gruppe hat Probleme mit ihrem Wagen, die mit dem Know How der Einheimischen nicht gelöst werden können. Nun setzt man alle Hoffnung auf Lazaro, der über entsprechendes Werkzeug und Geduld verfügt.
Jochen und ich sind schnell wieder von den Dorfkindern umlagert, die auf der Kamera Fotos und Videos von sich selbst anschauen möchten, während das männliche Mittelalter geschlossen gute Ratschläge zur Fahrzeugreparatur gibt.
Die Batterie ist platt und da Lazaro nicht sicher ist, ob beide über die gleiche Spannung verfügen, verzichtet er auf die Zuhilfenahme unseres Starthilfekabels und unsere Batterie wird kurzerhand in das Fremdfahrzeug eingebaut. Motor angeschmissen, Batterie wieder ausgebaut und in unserer Fahrzeug eingebaut.
Nach gut 45 Minuten ist dann alles erledigt, die anderen Touris samt Fahrer sind zufriedengestellt, der Massenauflauf zerstreut sich und wir fahren samt Guide zum Gemeindehaus, wo wir noch 10.000 TSh pP für den Forest Walk begleichen müssen. Da die Beerdigung immer noch im vollen Gange ist, dauert es eine weitere halbe Stunde, bis wir unser Geld los werden. Das Warten wird uns nicht lang, denn die Einheimischen sind ein recht fröhliches und unterhaltsames Völkchen. Wir haben hier viel Spaß.
Gegen 16:00 Uhr genehmigen wir uns zurück im Camp noch einen kleinen Imbiss, unterhalten uns ausführlich mit Geofrey, dem "Professor" und Miriam und suchen vergeblich Vögel und Affen.
Claudio muss heute umziehen. Da er sich erst spät entschlossen hat uns auf dieser Reise zu begleiten, steht für die zweite Nacht kein Ensuite Tent zur Verfügung. Lediglich eine einfache Banda, die ihn schaudern lässt. Also baut er kurzerhand auf der Campsite sein Zelt auf. Prosper tut es ihm gleich, denn die einfache und enge Fahrerunterkunft, die die drei letztendlich dann hier im Camp gebucht haben, ist nicht eben komfortabel. Die Campsite nebst Küchenbanda und Ablutions macht auf mich einen sehr ungepflegten Eindruck. Das Küchenhaus ist dreckig und überall liegt Müll herum. Axel und ich sind sichtlich platt und so geht´s dann mit einem Glenfiddich als Schlummertrunk früh ins Zelt.